Offener Brief zum SoSe 2020 an das Promotionsgremium / die Professor*innenrunde

28.04.2020

Sehr geehrte Mitglieder des Promotionsgremiums,

das Sommersemester ist von Covid-19 geprägt und uns ist bewusst, dass diese außergewöhnlichen Umstände auch besondere Lösungen erfordern. Die Digitalisierung ist bei uns allen zuhause angekommen und Dank der Bemühungen des Departments und der Professoren können wir  ins Semester starten.

Dennoch stehen wir wie jedes Semester vor dem traditionellen Problem der Entwurfsvergabe durch das Losverfahren. Bereits in einem normalen Semester ist die Verteilung der Entwurfsplätze nicht immer gerecht. Die Platzvergabe ist teilweise nicht nachvollziehbar, da es zu ungleichmäßigen Ergebnissen in der Verlosung kommt und einige Studierende am Ende ohne zugelosten Entwurf, Seminar oder Kompaktentwurf dastehen.
 Aufgrund der besonderen Situation in diesem Semester sind die gewohnten Kommunikationswege (persönliches Betteln) nicht möglich. Einführungsveranstaltungen finden in geschlossenen digitalen Räumen statt und können nur durch Zugeloste besucht werden. Ansonsten beschränkt sich die Kommunikation auf den E-Mail Verkehr, der sehr unpersönlich ist, Absagen erleichtert und sogar zum Ignorieren von Anfragen führt. Zudem hat sich die Lage durch vorzeitige Rückkehrer aus dem Praktikum zusätzlich verschärft.

Ein fehlender Entwurfsplatz führt bei einigen Studierenden zu einer verlängerten Studienzeit und daraus resultierenden Finanzierungsproblemen (BAföG). Eine Überbrückung dieser Zeit stellt sich aufgrund der aktuellen Arbeitsmarktsituation sowie den Regelungen für Vollzeitstudierende schwierig dar.

Allgemein gibt zu wenig Plätze für Hochbauentwürfe und die häufig angebotene Lösung, auf einen Städtebauentwurf auszuweichen, ist für viele Studierende keine Alternative. Bei nur drei Entwürfen im Master muss man präzise Schwerpunkte setzen, da diese sehr relevant für das Portfolio und die spätere Berufswahl sind.

Bereits bei der Überprüfung des Semesterprogramms war absehbar, dass die angebotenen Masterentwurfsplätze nicht ausreichen würden. Man versprach uns, die Diskrepanz durch Freie Arbeiten auszugleichen, wobei die Anzahl der vorhanden Plätze unklar war. Die Entkopplung vom Semesterprogramm, die erwartete Vorbereitungszeit und die nicht einsehbare Anzahl an möglichen Plätzen lassen die Freien Entwürfe jedoch als Lösung ausscheiden. Nach der Verlosung sind kurzfristige Anfragen meist aussichtslos, da die verfügbaren Kapazitäten bereits ausgeschöpft sind. Hier wäre ein zentraler Pool für die Vergabe Freier Arbeiten sinnvoll, der vor der Wahl des Semesterprogramms freigeschaltet wird.
 Gleiches gilt auch für den Bachelor, da dort häufig Plätze für A3 Seminare und Kompaktentwürfe fehlen, welche Teil des Curriculums sind und für den Abschluss benötigt werden.

Grundsätzlich bekämpfen wir seit Jahren nur bekannte, sich wiederholende Symptome einer nicht funktionierenden Entwurfsvergabe, statt das grundlegende System zu überdenken. Wir fordern, dass die vorgesehenen Änderungen des Verlosungsverfahrens zum Wechsel des Vergabesystems eingearbeitet sind, sodass ein fließender Übergang gewährleistet werden kann.

Für Studierende, die zum momentanen Zeitpunkt noch keinen Entwurfs- oder Seminarplatz erhalten haben, müssen jetzt Lösungen gefunden werden. Ansonsten kann aus unserer Perspektive das Semester nicht als  vollwertig gelten.

Wir sind der Auffassung, dass die Studierbarkeit in Regelstudienzeit gewährleistet werden muss und sehen Sie, die Professoren, in der Verantwortung, entsprechende Kapazitäten in der Lehre zu stellen. Für den Ruf der Braunschweiger Schule empfinden wir dies als essentiell. Ein möglicher Lösungsansatz ist die Berufung einer Gastprofessur, um weitere Kapazitäten zu schaffen und neue Themenschwerpunkte zu setzen.

Als letzten Punkt möchten wir auf die unterschiedlichen Anforderungen der Institute an den Modellbau im digitalen Semester hinweisen. In den Vorgesprächen mit dem Department und Frau Prof. Köbberling herrschte Einigkeit darüber, dass von den prekärsten Arbeitsumständen ausgegangen werden muss und demnach Modelle nur in kleinster Form umsetzbar sind. Unsere Umfrage hat ergeben, dass das Bauen von Modellen (zu Hause) für rund 50% von etwa 200 Befragten nur eingeschränkt oder gar nicht möglich ist. Trotz alledem wird in vielen Entwürfen  von einer Normalsituation ausgegangen und Modelle gefordert. Die Argumentation, dass zum Ende des Semesters der Modellbau wie gewohnt wieder möglich sein wird, halten wir für unrealistisch. Im Modellbau muss Chancengleichheit gewährleistet sein und Rücksicht auf die individuellen Umstände genommen werden.

Wir hoffen auf zeitnahe Lösungsvorschläge der genannten Problematiken und ein erfolgreiches Sommersemester 2020.

Mit freundlichen Grüßen

Der Fachgruppenrat Architektur

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