12.06.2020
Sehr geehrte Mitglieder des Krisenstabs,
mit einigem Bedauern mussten wir feststellen, dass die eingeschränkte Öffnung der Zeichensäle an den von Ihnen gestellten Bedingungen scheitert. Eine konstante Betreuung der Arbeitsplätze durch Angestellte der Hochschule ist schlichtweg unmöglich, da die in Frage kommenden Personen bereits in der Lehre oder im operativen Geschäft stark eingebunden sind. Zudem würde diese Maßnahme für ein zusätzliches, unnötiges Personenaufkommen in den Räumlichkeiten sorgen. Sie zeugt auch von Misstrauen gegenüber dem Verantwortungsbewusstsein von Studentinnen, die unter Normalbedingungen die Zeichensäle selbstständig verwalten.
Im Folgenden möchten wir Ihnen gerne darlegen, weshalb eine eingeschränkte Öffnung der Zeichensäle insbesondere für die Architekturlehre sehr wichtig ist.
Das Studium und die Praxis der Architektur lebt von der Nutzung und dem Wechsel zwischen verschiedenen Medien. Von der Handzeichnung über das Modell zur digitalen Zeichnungen, über die dann wiederum skizziert wird, und das immer wieder im Wechsel. Nicht allen Studierenden stehen hierfür benötigte Drucker, Scanner, Styrocutter oder gar das notwendige Mobiliar zur Verfügung.
Ein weiterer Punkt sind die prekären räumlichen Verhältnisse, in denen gearbeitet werden muss. Die fehlende räumliche Trennung zwischen Arbeit und Freizeit betrifft sicherlich die Allgemeinheit aller Studiengänge, wird aber für Architekturstudierende noch verschärft. Abseits der normalen Anforderungen an einen Arbeitsplatz, müssen Modelle, (Modellbau-) Materialien, Planmaterial, Schneidematten und anderes Werkzeug auf wenigen Quadratmetern verstaut werden.
Die Arbeitsbedingungen im Home Office sind für viele Studierende also bereits grundlegend erschwert. Darüber hinaus fällt der semesterübergreifende Austausch unter Studierenden, sei es durch Hilfestellungen oder nur die Diskussion über Projekte, weitestgehend weg. Die Zeichensäle und auch andere freie Arbeitsräume, wie die Modellbauwerkstatt oder der Grotrian, sind die Orte dieses Austauschs und das Rückgrat der Architekturlehre. Das Architekturstudium ohne kooperatives Arbeiten im Zeichensaal ist wie Naturwissenschaft ohne Laborarbeit oder Sportwissenschaften ohne Sport.
Viele Studierende machen in diesem Semester ihre Bachelor- oder Master-Thesis, was unter normalen Bedingungen bereits einige Hürden mit sich bringt. Die entstehenden Abschlussarbeiten sind die Grundlage für unsere Zukunft, sei es die Bewerbung auf das Masterstudium oder noch wichtiger der Einstieg ins Berufsleben.
Die bereits genannten Umstände erschweren die Absolvierung der Abschlussarbeiten ungemein. Allen Absolventinnen fehlt der wichtige Austausch mit Kommilitoninnen um ihre Arbeit konstant kritisch hinterfragen zu können.
Die psychologische Belastung ist unter normalen Umständen bereits hoch, steigt aber aufgrund der Ereignisse rund um Corona und die schlechten Arbeitsumstände noch an.
Wir möchten abschließend an Sie appellieren, Ihr Vertrauen in uns Studentinnen zu setzen. Wir sind uns dem Ernst der Lage, aufgrund von Covid-19, und der damit einhergehenden Verantwortung bewusst. Dennoch sorgen wir uns um unser Studium und unsere Zukunft, numal ein Ende der Pandemie und den Beschränkungen nicht absehbar ist.
Mit freundlichen Grüßen und im Namen aller Architekturstudierenden,
die studentischen Vertreter*innen
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